Marketing
Die Sicht der Kundschaft einnehmen
Impuls für die Methoden
Um das Leistungsangebot für die Kundschaft passend und attraktiv zu gestalten ist es wichtig, die relevanten Kundschaftsgruppen zu kennen und sich in sie hineinzuversetzen. Die folgenden Methoden helfen Unternehmen dabei, die Perspektive der Kundschaft einzunehmen, deren Bedürfnisse zu reflektieren und Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Erfahrungen abzuleiten:
- Welche Kundschaftsgruppen sind für das Unternehmen relevant und welche Merkmale weisen diese auf?
- Was sind typische Eigenschaften, Motivationen, Erwartungen und Wünsche der Kundschaft?
- Wie kann die Erfahrung der Kundschaft verbessert werden?
Die Erstellung von Personas (prototypische Steckbriefe der Kundschaft) hilft dabei, sich in die Kundschaft hineinzuversetzen. Je nach Analyseobjekt – sei es das bestehende beziehungsweise geplante Leistungsangebot oder das Angebot vom stärksten Wettbewerber – wird entsprechend der folgenden Vorlage eine Persona als prototypischer Steckbrief mit den jeweils relevanten Faktoren erstellt. Bedient das Unternehmen verschiedene Kundschaftssegmente, wird für jedes Segment eine eigene Persona erstellt. Erkenntnisreich ist es auch, eine
Persona im Zeitverlauf (aktuell und zukünftig) zu analysieren.
Praxisbeispiele bei #EMBB und #Informa
Den Nutzen auf den Punkt bringen
Impuls für die Methode
Für die konkrete Planung und Ausgestaltung eines Leistungsangebots ist ein klares Verständnis der
jeweiligen Nutzenbeiträge für die Kundschaft nötig. Deren Abschätzung ist wichtiger Ausgangspunkt für
die weitere Ausgestaltung bzw. Anpassung von Geschäftsmodellkomponenten, etwa einer (nutzenbasierten) Preisfestsetzung. Die Methoden dieses Kapitels unterstützen dabei, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:
- Wie kann das Unternehmen mit seinen angebotenen Leistungen die Kundschaft in ihrem Alltag unterstützen bzw. erfolgreicher machen?
- Welche Bedürfnisse der Kundschaft kann das Unternehmen in welcher Form befriedigen?
- Welchen Nutzen kann das Unternehmen mit datenbasierten Angeboten für die Kundschaft erzeugen?
- Welche Vorteile (Kostensenkungspotenziale, Kundschaftsbindung etc.) ergeben sich für das
Unternehmen?
Begeisterungsfaktoren entwickeln
Impuls für die Methoden
Im Anschluss an die Analyse des generellen Nutzens für die Kundschaft können sich Unternehmen damit beschäftigen, welche Wirkungen bestimmte Leistungselemente bei der Kundschaft erzeugen. Dies ist nützlich, um sich des eigenen Wettbewerbsvorteils bewusst zu werden, die Fähigkeit zur Kundschaftsbindung zu beurteilen und Ankerpunkte zur nutzenbasierten Preisfestsetzung zu erarbeiten. Die Methoden dieses Kapitels unterstützen dabei, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:
- Welchen Mehrwert generiert das Leistungsversprechen für die Kundschaft?
- Welche Aspekte werden als Standard angesehen?
- Welche Aspekte erzeugen Zufriedenheit oder sogar Begeisterung bei der Kundschaft? Für welchen Leistungselemente ist die Kundschaft bereit zu zahlen?
Mithilfe des Value Proposition Canvas kann der Mehrwert des eigenen Angebots für die Kundschaft differenziert analysiert werden. Man unterscheidet in sogenannte Gain Creators (»Nutzenbringer«) und Pain Relievers (»Schmerzlinderer«). Diese Unterscheidung kann wichtige Anhaltspunkte dafür liefern, welche Zahlungsbereitschaft die Kundschaft jeweils aufweist. Dabei nimmt man die Sicht der Kundschaft ein, um dann eine Lückenanalyse durchzuführen.
Sicht der Kundschaft
(rechte Seite der Abbildung)
- Identifikation von Kernaktivitäten der Kundschaft
- Beschreibung von Outcomes/Mehrwerten/Zielen, die die Kundschaft verfolgt
- Beschreibung von »Leiden«, Risiken, Herausforderungen der Kundschaft inderen Arbeitsalltag
Sicht des Unternehmens
(linke Seite der Abbildung)
- Identifikation von vorhandenen und geeigneten Produkten/Lösungen
- Beschreibung der »Nutzenbringer«
- Beschreibung der »Schmerzlinderer« durch die angebotenen und geplantenProdukte/Lösungen
Bewertung der Übereinstimmung beider Diagramme, Lückenanalyse
(dargestellt durch Pfeile in der Abbildung)
- Bewertung dessen, inwiefern Sicht der Kundschaft und des Unternehmens übereinstimmen
- Identifikation von Diskrepanzen zwischen beiden Perspektiven
- Ableitung entsprechender Anpassungsbedarfe
Praxisbeispiel bei #FLVG
Alternativ kann in Penalty- und Reward-Faktoren unterschieden werden. Penalty-Faktoren sind
Leistungselemente, von denen der Kunde erwartet, dass diese erfüllt bzw. eingehalten werden. Deshalb steigt hier das Qualitätsurteil nicht, wenn die Dienstleistung erfüllt wurde. Wenn diese jedoch schlechter als erwartet ist, ist die Kundschaft unzufrieden und das Qualitätsurteil sinkt. Reward-Faktoren werden von der Kundschaft nicht unbedingt erwartet und deshalb als eine besondere Leistung angesehen. Deshalb kommt es hier zu keiner wahrgenommenen Qualitätsminderung, wenn die Leistung nicht erfüllt ist. Die Kundschaft ist aber umso zufriedener, wenn die Leistung erfüllt oder das Element vorhanden ist.
Kontakt mit der Kundschaft analysieren und gestalten
Impuls für die Methoden
Die Leistungserbringung von Unternehmen für die Kundschaft erfolgt in Prozessen – ob lang oder kurz, wiederkehrend oder einmalig. Innerhalb dieser Prozesse bestehen diverse direkte oder indirekte Kontaktpunkte zwischen der Kundschaft und dem Unternehmen. Die bewusste Ausgestaltung und Optimierung dieser Kontaktpunkte bietet das Potenzial, über das eigentliche Leistungsangebot hinaus exzellente Erlebnisse für die Kundschaft zu schaffen. Eine Analyse der Prozesse zwischen Kundschaft und Unternehmen kann also weitere Bereiche offenbaren, in denen das Unternehmen Nutzenbeiträge leisten kann. Die Methoden dieses Kapitels unterstützen dabei, Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:
- Wie erlebt die Kundschaft den Interaktions- bzw. Service-Prozess?
- Wie kann der Prozess aus Sicht der Kundschaft für Analysen visualisiert werden?
- Welche positiven Aspekte beinhaltet der Prozess, wo bestehen Optimierungspotenziale?
Die Methode des Service Blueprint dient der Visualisierung von Dienstleistungsprozessen. Dabei
wird der Dienstleistungsprozess in die einzelnen Bestandteile zerlegt und dargestellt. Dies dient dazu, vorhandene Prozesse transparent zu machen und Verbesserungspotenziale zu erschließen. Sowohl die Sicht der Kundschaft als auch die Sicht des Anbieters werden deutlich.
- Definition relevanter Phasen entlang der Erfahrung der Kundschaft
- Identifizierung der Touchpoints der Kundschaft mit dem Unternehmen entlang dieser Phasen
- Erfassung der relevanten Stakeholder in den Phasen
- Auflistung von positiven, neutralen und negativen Emotionen der Kundschaft während der einzelnen Phasen
- Ableitung von Maßnahmen zur Erfahrungsverbesserung der Kundschaft
Feedback zum ausgestalteten Service-Prozess lässt sich mithilfe der SIMALTO-Methode einholen. SIMALTO ist ein Akronym für die Technik Simultaneous Multi Attribute Level Trade Off (nach J. Green). Bei dieser Methode wird die Kundschaft mit relevanten Merkmalen des Serviceprozesses konfrontiert – und schätzt die entsprechende Ausprägung pro Merkmal aus subjektiver Sicht ein. In der Regel wird die Methode in direkter Interaktion mit der Kundschaft (Befragung) angewendet. Bei der Beurteilung wird sowohl die aktuell wahrgenommene als auch die gewünschte Merkmalsausprägung angegeben. Diese Bewertungen durch die
Kundschaft, insbesondere im Hinblick auf Differenzen zwischen Ist und Soll, können anschließend in die zuvor beschriebenen Methoden des Service Blueprints beziehungsweise der User Journey einfließen.